Wir sind es leid, (vielleicht) mitgemeint zu sein!

11.07.2019

Wer sprachlich ausgeschlossen wird, kann nie sicher sein, ob sie mitgemeint ist oder nicht. Männer wissen das umgekehrt ganz genau: Dort, wo sie den Ausschluss überwunden haben, wurden mit geänderter Realität schnellstmöglich und ganz selbstverständlich passende männliche Begriffe geschaffen und durchgesetzt. Hausmann, Pfleger, Geburtshelfer sind Beispiele dafür. Frauen wollen nicht mehr und nicht weniger als das, was für Männer ganz normal ist: Eindeutig wissen, ob frau gemeint ist oder nicht.

Marlies Krämer, Saarländerin und ver.di-Mitglied, setzt sich dafür ein, nicht (vielleicht) mitgemeint, sondern tatsächlich gemeint zu sein. Als Sparkassenkundin besteht sie darauf, in Formularen nicht als Kunde, sondern als Kundin angesprochen zu werden. Ihre Klage vor dem Landgericht Saarbrücken und dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe hat sie verloren. Aufgegeben hat sie nicht: Sie strebt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts an.

Der Rückblick auf hundert Jahre Frauenwahlrecht bot die Gelegenheit, sich mit den in diesen hundert Jahren erreichten Fortschritten bei der Gleichstellung der Frauen in den unterschiedlichsten Lebensbereichen vertraut zu machen, in Lebensbereichen, in  denen Frauen lange Zeit nicht vorkamen und/oder nichts zu sagen hatten. Und dabei wird schnell klar: Es ist eben kein Zufall, wenn heute immer noch nur von Ministern, Kaufmännern, Professoren, Priestern und Kunden die Rede ist: Bis vor kurzem waren Männer in diesen Lebensbereichen unter sich und eine Sprache, die Frauen einschloss, gar nicht erforderlich!

Die heutige Sprache beschreibt und bewahrt Grenzen, die Frauen in den letzten hundert Jahren mit viel Mühe und erst nach und nach überwunden haben oder immer noch dabei sind, zu überwinden. Kundin einer Bank oder Sparkasse konnten Frauen in der Regel erst ab 1962 werden, bis dahin brauchten sie die Zustimmung des Ehemanns, um ein eigenes Bankkonto zu eröffnen. Auch die Verfügung einer Frau über ein gemeinsames Konto war vor nicht allzu langer Zeit noch die absolute Ausnahme, erinnert sich Martina Ackermann, Vorsitzende der ver.di Frauen Rheinland-Pfalz-Saarland: „Meine Mutter war im Bekanntenkreis die einzige, die in den 60er Jahren Geld vom gemeinsamen Konto abheben durfte. Hintergrund: Mein Vater war auf Montage und insoweit nicht verfügbar.“